Smalltalk contra Stummreden
Menschliche Konstellationen scheinen wechselseitig ein offenes Buch. Gesprächsweise hangelt man sich von Buchstabe zu Wort zu
Satz, nimmt Klang wahr, sucht nach langer Rede kurzem Sinn, bleibt sich gegenseitig ein Buch mit sieben Siegeln. Man blättert und blättert und missinterpretiert Bedeutung hingeworfener
Gesprächsfetzen. Seite für Seite gewährt der diametrale Blickwinkel keine Erkenntnis, nur fruchtlose Dialoge, konterkariert von taubblinden
Stummreden.
„Mein Zug kommt um 16.18 Uhr an. Wenn du keine Zeit hast …“
„Aber Mom, was denkst du denn? Natürlich hol ich dich ab, mach ich eben früher Schluss im Büro.“
„Musst du nicht.“
„Keine Widerrede. Nur mit dem Essen warten wir, bis Nico kommt.“
Stummrede A
Ich müsse N. unbedingt kennen lernen, hast du mich kürzlich informiert, das sei dir wichtig, denn sie sei mehr als eine beste Freundin, wie man sie als erwachsene
Frau zu Hauf haben könne, ihretwegen hättest du dich nämlich neu orientiert. Es dauerte eine Schrecksekunde bis ich begriff, das war ...
Stummrede B
Deine Stimme flattert, als hättest du mein Coming-out noch nicht verkraftet. Ausgerechnet du, die
mir immer Toleranz gepredigt hat, Solidarität mit Minderheiten und Akzeptanz von Andersdenkenden. Und jetzt, wo du hautnah damit konfrontiert bist? Da entpuppt es sich als Fassade zur Tarnung von
Spießbürgertum, Engstirnigkeit und katholischer Dogmatik. Tja, aus der Ferne ist gut liberal sein ...
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